Gelöste Aufgaben/Buck
Aufgabenstellung
Bei der Modellbildung für das Knicken von Stäben - also dem Stabilitätsverlust von Stäben durch seitliches Ausweichen unter axialer Druckbeanspruchung - gehen die Ansätze in Lehrbüchern und für Anwendungen in Finite-Elemente-Methoden unterschieldliche Wege.

Gesucht sind die Ansätze für die Berechnung der kritischen Drucklast ausgehen von
- dem Kräfte-Gleichgewicht am ausgelenkten System und
- dem Prinzip der virtuellen Verrückungen mit großen Dehnungen.
Das soll hier für den ersten Eulerschen Knickfall passieren. Ziel ist es, die Vorgehensweisen beider Ansätze einmal im Vergleich darzustellen. Der Fokus liegt dabei auf der Anwendung für Finite-Elemente-Methoden - also dem Prinzip der virtuellen Verrückungen mit großen Dehnungen.
Ansatz mit dem Kräftegleichgewicht am ausgelenkten System
Für das Verständnis des Phänomens "Knicken" ist es sinnvoll, die Zusammenhänge zwischen Koordinaten und Kräften anhand von Überlegungen zum Kräftegleichgewicht aufzuzeigen.
Gleichgewicht am Stabelement
Dafür gehen wir von einem Stabelement der Länge aus und tragen die Koordinaten sowie die Schnittlasten in einem Freikörperbild an:

Wir finden
Teilen durch und der Grenzwert-Übergang von liefert due differentiallen Gleichgewichtsbedingungen
Mit etwas Übersicht können wir die drei Gleichungen stark vereinfachen, wenn wir die dritte Gleichung nach ableiten. Dann nutzen wir die ersten beiden Gleichungen, um sie stark zu vereinfachen:
Differentialgleichung der Biegelinie für den Knickfall
Wir gehen weiter davon aus, dass wir in dieser Gleichung und setzen dürfen - die Querkraft wird klein gegenüber der Normalkräft sein, und die Normalkraft setzen wir zur äußeren, eingeprägten Druckkraft .
Dann erfasst die Differentialbeziehung
das Knickproblem. Für den Euler-Bernoulli-Balken mit konstanter Querschnittsfläche gilt demnach für die Aulenkung
Diese lineare Differentialgleichung liefer mit dem Ansatz die vier Eigenwerte
mit . Die Lösung der Differentialbeziehung ist demnach mit
- ,
wobei reelwertige Integrationskonstanten sind, die aus den Randbedingungen des Problems kommen.
Beispiel: erster Eulerscher Knickfall
Für den ersten Eulerschen Knickfall oben gilt
also in Matrixschreibweise
Dieses homogene Gleichungssystem hat Lösungen, wenn
ist, also
- .
Der kritische Wert von ist der niedrigeste, zur nicht-trivialen Lösung gehörende Wert und damit
- .
Das gezeigte Vorgehen finden Sie in allen Mechanik-Lehrbüchern. Dieser Lösungsansatz - Gleichgewicht am ausgelenkten System - funktioniert allerdings nur gut für sehr einfache Systeme. Für technsche Systeme brauchen wir einen Ansatz, der immer funktionert und bei dem man kein Freikörperbild zeichnen muss. Das geht mit dem Prinzip der virtuellen Verrückungen.
Ansatz mit dem Prinzip der virtuellen Verrückungen mit großen Dehnungen
Für den Einsatz in Finite-Elemente-Methoden ist der Ansatz über ein Kräftegleichgewicht wie oben nicht möglich und sinnvoll: im Allgemeinen kann man für die zu untersuchenden Systeme kein Kräftegleichgewicht aufstellen. Hier geht man vom Prinzip der virtuellen Verrückungen aus, wobei in der virtuellen Formänderungsarbeit
die Dehnung nichtlineare Anteile der Koordinaten der Verformung enthält. Nach unserer Untersuchung oben erwarten wir dabei nicht lineare Terme in den Koordianten, also mindestens Anteile mit , bei dem die Längskraft (hier auftritt. Wir müssen also in nichtlineare Anteile mitnehmen.
Kinematik der Bewegung der materiellen Punkte
Wir starten mit der Auslenkung eines Punktes P und den unabhängigen materiellen Koordinaten und den abhänfigen Koordinaten .

Damit konstruieren wir den Ortsvektor (die Koeffizienten des Ortsvektors) zum Punkt zu
mit der Eulerschen Drehmatrix
Wir erhalten für die Auslenkung des Punktes P demnach
Uns interessiert hier nur der ebene Spannungszustand in der -Ebene, bei dem außerdem noch ist. Mit den allgemeinen Beziehungen in der Ebene für den Zusammenhang zwischen den Auslenkungen und den materiellen Koordinaten
erhalten wir hier
Die Spannungen kommen dann - mit der Annahme , dem Elastizitätsmodul und dem Schubmodul - aus
/*******************************************************/
/* MAXIMA script */
/* version: wxMaxima 21.05.3 */
/* author: Andreas Baumgart */
/* last updated: 2025-11-20 */
/* ref: buckling of straight rods */
/* FEM-formulation (large strain analysis) */
/*******************************************************/
/* parameters*/
assume(d>0, e>0, ℓ[e]>0);
params: [ℓ[e]=100*d,A=d^2, I=%pi*d^4/64, G=E/(2*(1-ν)), ν=0.3];
/* trial functions */
ψ: [[1-ξ,ξ],
[2*ξ^3-3*ξ^2+1,
ℓ[e]*ξ^3-2*ℓ[e]*ξ^2+ℓ[e]*ξ,
3*ξ^2-2*ξ^3,
ℓ[e]*ξ^3-ℓ[e]*ξ^2]];
/* coordinates and their variations */
Q :[[ U[e-1], U[e]],[ W[e-1], Φ[e-1], W[e], Φ[e]],
[δU[e-1],δU[e]],[δW[e-1],δΦ[e-1],δW[e],δΦ[e]]];
dimless: [ξ=x/ℓ[e]];
trials: [ u(x)= sum(Q[1][i]*ψ[1][i],i,1,2),
δu(x)= sum(Q[3][i]*ψ[1][i],i,1,2),
w(x)= sum(Q[2][i]*ψ[2][i],i,1,4),
δw(x)= sum(Q[4][i]*ψ[2][i],i,1,4)];
/* linear stre-strain-relations (not employed) */
k: E/(1-ν^2)*matrix([1,ν,0],[ν,1,0],[0,0,1-ν]);
/* functional coordinates and their variations */
coord: [[u(x),w(x),φ(x)],[δu(x),δw(x),δφ(x)]];
/* compute strains and their vaiations*/
null : makelist(coord[1][i]=0,i,1,3);
disp: r(x,y,z) = [x,0,0]+[[cos(φ(x)),0,sin(φ(x))],[0,1,0],[-sin(φ(x)),0,cos(φ(x))]].[u(x),y,w(x)+z];
disp: [disp, Δr(x,y,z) = subst(disp,r(x,y,z))-subst(null,subst(disp,r(x,y,z)))];
ε : [diff(subst(disp,Δr(x,y,z))[1],x),
diff(subst(disp,Δr(x,y,z))[3],z),
1/2*(diff(subst(disp,Δr(x,y,z))[1],z)+diff(subst(disp,Δr(x,y,z))[3],x))];
ε : expand(ε);
δε : subst(η=0,sum(diff(subst([coord[1][i] = coord[1][i]+η*coord[2][i]],ε),η),i,1,3));
/* compute stresses σ assuming σ[yy]=0 */
σ : [E*ε[1],0,G*ε[3]];
Virtuelle Arbeiten am Stabelement
Für in Element benötigen wir noch - wie im Lexikon-Eintrag "virtuelle Verrückung" beschreiben - die virtuelle Dehnung . Daraus folgt - nach Integration über die Querschnittsfläche - die virtuelle Formänderungsarbeit zu
in der insgesamt 121 Summanden stehen. Die Integration über die Querschnittsfläche liefert hier
Die Komplexität dieses Ausdrucks ist erhelblich und eine genauere Untersuchung der einzelnen Terme nicht zielführend. Wir suchen nach zweckmäßigen Vereinfachungen und setzen zunächst
- und .
Dann vernachlässign wir alle Summenden, in denen mehr als zwei funktionalen Freiheitsgrade auftrauchen, also z.B. Terme mit . Dann bleibt
- ein Ausdruck mit nur noch 23 Summenden. Hier wählen wir noch die Euler-Bernoulli-Hypothese
- und
und setzen nun unsere bekannten Ansatzfunktionen
und analog für in ein und führen die Integration über aus. Für eine konstante seitliche Streckenlast auf den Stab nehmen wir die Ergebnisse aus den Faltungsintegralen für kubische Formfunktionen
hinzu, so dass wir diese virtuelle Arbeit je Element finden:
/* virtuelle Formänderungsenergie */
δΠ: expand(σ.δε);
δΠ: makelist(coeff(δΠ,z,i),i,0,2);
δΠ: expand(A*δΠ[1] + I*δΠ[3]);
δΠ: expand(subst([cos(φ(x))=1,sin(φ(x))=φ(x)],δΠ));
/* controlled reduction of complexity -> throw out really very small contributions */
small: makelist(coord[1][i] = η*coord[1][i],i,1,3);
small: append(small, diff(small,x));
δΠ: expand(subst(small,δΠ));
δΠ: subst([η^6=0,η^5=0,η^4=0,η^3=0,η=1],ev(δΠ,nouns));
/* Euler-Bernoulli approach */
δΠ: subst([φ(x)=diff(w(x),x),δφ(x)=diff(δw(x),x)],δΠ);
δΠ: expand(ev(δΠ,nouns));
δΠ: subst(dimless,subst(trials,δΠ))$
δΠ: ev(δΠ,nouns)$
δΠ: expand(δΠ)$
/* integrate over length ℓ[e] */
δΠ: expand(integrate(expand(δΠ),x,0,ℓ[e]))$
δV[a]: expand(integrate(subst(dimless,subst(trials,q[0]*δw(x))),x,0,ℓ[e]))+P*δU[e-1];
equ : append( makelist(coeff(δV[a]-δΠ,Q[3][i]),i,1,2),
makelist(coeff(δV[a]-δΠ,Q[4][i]),i,1,4))$
Beispiel: erster Eulerscher Knickfall
Für den Eulerschen Knickfall #1 wählen wir nun ein einziges Element, also und damit mit den Randbedingungen
- .
Und wir bringen noch eine vertiakle Drucklast auf den Stab mit auf. Das resultierende Gleichungssystem in
ist nichtlinear. Wir lösen es - nach weiteren Vereinfachungen - für die verbleibenden Koordinaten zu
- .
Um den Knickfall zu bestimmen, "wackeln" wir an dieser statischen Lösung mit und suchen nach Lösungen
- ,
schauen also nach der Lösung für
Wir approximieren dies für kleine zu
Dies führt - wegen - auf das lineare Gleichungssystem
Knicken tritt dann ein, wenn es im Umfeld von keine Lösung für gibt, also
Das ist für
der Fall. Der Vergleich der analytischen Lösung oben mit unserer Näherungslösung basierend auf einem Finiten Element liefert:
/* test with only one Finite Element and for Euler-case "1" */
/* boundary condictions: U[e]=0, Φ[e]=0, W[e]=0 */
minCoords: [U[e-1],W[e-1],Φ[e-1]];
bc: [U[e]=0, W[e]=0, Φ[e]=0];
equ : subst(bc,[equ[1],equ[3],equ[4]])$
equ[1]: subst([Φ[e-1]=0,Φ[e]=0],equ[1]);
sol: solve(equ,minCoords)[1];
/* Linearization about this solution */
minCoords: [minCoords, [ΔU[e-1],ΔΦ[e-1],ΔΦ[e]]];
null: makelist(minCoords[2][i]=0,i,1,3);
Δequ: expand(subst(sol,subst([P=P+ΔP,q[0]=q[0]+Δq[0]],subst(makelist(minCoords[1][i]=minCoords[1][i]+minCoords[2][i],i,1,3),equ))));
Δequ: expand(ratsimp(Δequ));
Δequ: subst(null,Δequ) + sum(subst(null,diff(Δequ,minCoords[2][i]))*minCoords[2][i],i,1,3);
ACM: augcoefmatrix(Δequ, minCoords[2]);
K: submatrix(ACM,4);
p: -col(ACM,4);
/* we are interested to find P so that no more solution is feasable -> det(K) = 0 */
knicken: ratsimp(solve(determinant(K),P)[2]);
/* compare */
EulerKnickfall:[P=(%pi/2)^2*E*I/ℓ[e]^2,P=%pi^2*e*I/ℓ[e]^2];
print(knicken," : ", EulerKnickfall[2])$;
print(float(knicken)," : ", float(EulerKnickfall[2]))$;
print(expand(float(subst(params,knicken)))," : ", float(subst(params,EulerKnickfall[2])))$;
Links
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Literature
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